Frauen(ur)sachen
Der Anteil weiblicher Ursachen bei ungewollter Kinderlosigkeit liegt bei ca. 30% und ist damit genauso hoch wie der Anteil der männlichen. Vereinfacht dargestellt kann zwischen hormonellen und organischen Ursachen unterschieden werden.
Wir haben Ihnen nachfolgend mögliche Gründe aufgeführt:
Hormonstörungen
Hormonstörungen sind die häufigste Ursache für eine ungewollte Kinderlosigkeit. Sie äußern sich oft durch unregelmäßige Zyklen bis hin zum Ausbleiben der Monatsblutung. Eine Blutabnahme und Hormonanalyse führen meist zur Diagnosestellung.
Gelbkörperschwäche (Lutealinsuffizienz)
Fehlregulationen in der ersten Zyklushälfte und ausbleibende Eisprünge haben einen Mangel an Progesteron (Gelbkörperhormon) zur Folge. Vereinfacht ausgedrückt kann man zumeist sagen: „Ein Gelbkörper ist nur so gut, wie der Follikel, aus dem er hervorgegangen ist.“ Eine sogenannte „Gelbkörperschwäche“ beeinträchtigt im weiteren Zyklusverlauf die ausreichende Umwandlung der Gebärmutterschleimhaut. Es resultieren unregelmäßige, verlängerte Zyklen, veränderte Blutungsmuster oder gar ein Ausbleiben der Regelblutung. Eine Einnistung des Embryos ist damit erschwert.
Bei alldem ist jedoch wichtig zu wissen, dass der Progesteronspiegel in einem bestimmten Maß von Zyklus zu Zyklus schwanken kann, ohne dass dies einen Krankheitswert haben muss.
PCO Syndrom
Die führende weibliche Hormonstörung ist mit ca. 10% aller Frauen im reproduktiven Alter das polyzystische Ovarsyndrom (PCO Syndrom). Hierbei werden vom Eierstock zu viele männliche Hormone (Hyperandrogenämie) produziert, welche die normale Follikelreifung und somit den Zyklus beeinträchtigen. Betroffene klagen über unreine Haut, Haarausfall oder vermehrtes Haarwachstum an für Frauen untypischen Stellen. Außerdem beobachtet man bei Patientinnen mit PCO Syndrom häufig eine Störung des Zuckerhaushaltes, eine sogenannte Insulinresistenz.
Die oben beschriebenen Symptome können auch psychologische Folgen nach sich ziehen. Viele Patientinnen werden durch diese Diagnose verunsichert, da man sie mit dem Begriff „Syndrom“ konfrontiert. Dies kann Angstgefühle erwecken, da nach der Diagnosestellung häufig eine umfassende Aufklärung ausbleibt. Dabei gibt es eine Vielzahl einfacher Behandlungsoptionen, die man gemeinsam besprechen kann.
Im Eierstock werden zu viele männliche Hormone/Androgene gebildet und die blockieren dann die Entstehung von Östrogenen und das Wachstum der Eibläschen. Es sammeln sich dann viele kleine Eibläschen (Follikel) an und es kommt zu einer erhöhten Anzahl an zu langsam wachsenden Follikeln, die nicht zu Ende reifen, so dass es nicht zum Eisprung kommt.
Es sind aber nicht nur die Hormonbildung im Eierstock betroffen, sondern im Falle einer Insulinresistenz auch der Blutzuckerstoffwechsel. Insulinresistenz bedeutet, dass die Muskulatur nicht mehr auf unser Insulin reagiert und Der Blutzucker schlecht in die Muskulatur kommt. Man hat also erhöhte Blutzuckerspiegel. Dies führt zum einen dazu, dass man Gewicht zunimmt, zum anderen verstärkt der erhöhte Insulinspiegel die Bildung der männlichen Hormone im Eierstock. Dies verstärkt die Hemmung des Eibläschenswachstums noch.
Die neuroendokrine Funktion der Hypophysen-Hypothalamus-Achse ist gestört. Es kommt zu einer erhöhten
GnRH-Pulsfrequenz, so dass mehr LH ausgeschüttet wird und wenig FSH. Letzteres sorgt für ein Eibläschenwachstum und hohe LH-Spiegel verstärken die Bildung von männlichen Hormonen.
Der Körper befindet sich also in einem Teufelskreis.
Mit einem PCO können Sie schwanger werden. Es kann notwendig sein, dass Sie eine medikamentöse Unterstützung für die Eizellreifung brauchen. Die Qualität der Eizellen ist aber durch das PCO Syndrom nicht beeinträchtigt.
Ein Schwangerschaftseintritt kann länger dauern, wenn Sie seltener die Regelblutung haben. Dann haben Sie auch seltener einen Eisprung und somit auch weniger Möglichkeiten schwanger zu werden. Die Fruchtbarkeit als solche ist aber nicht schlechter. Frauen mit PCO wissen schon in jungen Jahren, dass Sie ein Problem haben und kümmern sich oft früher um das Thema Kinderwunsch. Je jünger Sie sind, desto besser sind Ihre Eizellen.
Die Behandlung des PCO ist so vielseitig wie die Symptome, die Sie haben können.
Wenn Sie noch einen Zyklus haben, kann eine leichte medikamentöse Unterstützung der Eizellreifung und das optimale Auslösen des Eisprungs schon reichen.
Wenn der Zuckerstoffwechsel mit betroffen ist, kann es ratsam sein mit einem Hausarzt oder Internisten zusammen zu arbeiten. Die Behandlung einer Insulinresistenz kann die FSH-Empfindlichkeit erhöhen und die Produktion der männlichen Hormone senken, so dass ein Follikelwachstum ermöglicht wird.
Frauen mit einem PCO haben ein erhöhtes Risiko in der Schwangerschaft einen Schwangerschaftsdiabetes zu entwickeln.
Wenn Sie keinen Kinderwunsch haben, kann die Antibabypille bei Symptomen wie der vermehrten Behaarung helfen.
50-70% der Frauen mit PCO haben Übergewicht und schon viele Diäten ausprobiert. Sie werden oft nicht ernst genommen und ein kalorienreiches Eßverhalten unterstellt. Allerdings ist es wirklich schwer mit der Stoffwechsellage eines PCO Körpergewicht zu verlieren und oft ist es ohne professionelle Unterstützung kaum möglich. ES lohnt sich aber, sich hier richtig zu informieren, denn schon Gewichtsverlust von 5-10% kann Teufelskreis der Zyklusstörung durchbrechen.
Hier gehts zur Podcast-Folge #12: Das PCO Syndrom
Schilddrüsenfunktionsstörungen
Auch Schilddrüsenfunktionsstörungen können sich auf die Fruchtbarkeit auswirken. Insbesondere die Schilddrüsenunterfunktion ist in Europa eine relativ verbreitete Erkrankung. Oft handelt es sich jedoch um sogenannte „latente“ Störungen bei denen die Werte der von der Schilddrüse ausgeschütteten Hormone noch im Normbereich liegen. Der Einfluss dieser latenten Schilddrüsenstörungen auf die Fruchtbarkeit wird häufig überschätzt.
In diesen Fällen ist jedoch eine weitergehende Diagnostik im Hinblick auf autoimmune Schilddrüsenerkrankungen sinnvoll. Patientinnen mit autoimmunen Schilddrüsenerkrankungen sollten behandelt werden, da sie ein erhöhtes Risiko für Schwangerschaftskomplikationen aufweisen.
Hyperprolaktinämie
Bei einer Hyperprolaktinämie schüttet die Hirnanhangdrüse zu viel Prolaktin (milchbildendes Hormon), welches in der Stillzeit wichtig ist, aus. Zu hohe Werte außerhalb der Stillzeit können den Eisprung verhindern und es kommt zu Zyklusstörungen. Ursachen für eine Erhöhung des Prolaktins sind z.B. gutartige Veränderungen der Hirnanhangdrüse selbst, Schilddrüsenunterfunktionen oder die Einnahme bestimmter Medikamente (insbesondere aus dem psychiatrischen Therapiespektrum).
Endometriose
Die Endometriose ist eine verbreitete, gutartige Erkrankung in der Frauenheilkunde. Untersuchungen zufolge sind ca. 2-10% aller Frauen und bis zu 50% der Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch betroffen. Unter einer Endometriose versteht man das Auftreten von Gebärmutterschleimhaut-ähnlichem Gewebe außerhalb der Gebärmutterhöhle. Dieses Gewebe unterliegt meist dem zyklischen Einfluss der Geschlechtshormone und kann zu einer chronischen lokalen Entzündung mit Narbenbildung führen.
Betroffen sind häufig das Bauchfell, die Eierstöcke (sog. Endometriosezysten), die Harnblase, die Eileiter, die Scheide und die Gebärmutterwand selbst. In seltenen Fällen findet man eine Endometriose auch außerhalb des Bauchraumes.
Symptome sind Unterbauchschmerzen vor, während aber auch unabhängig von der Menstruation sowie Schmerzen oder Missempfindungen beim Geschlechtsverkehr. Endometrioseherde, die nahe an oder auch auf Blase und Darm wachsen, können zu Beschwerden beim Wasserlassen oder dem Stuhlgang führen. Durch Narbenbildungen können Verwachsungen entstehen, die je nach Lokalisation eine Einschränkung der Eileiterfunktion zur Folge haben.
Die Endometriose wird durch eine Operation diagnostiziert. Sie kann operativ, mittels Bauchspiegelung und/oder medikamentös behandelt werden. Ziel einer Operation ist die möglichst vollständige Entfernung aller Herde. Medikamentös wird durch die Gabe von Hormonen (z.B. bestimmte Verhütungspillen) versucht, das Wachstum der Herde zu unterdrücken und die Endometriose so „in Schach“ zu halten. Letzteres ist jedoch beim Kinderwunsch kontraproduktiv.
Hier gehts zur Folge #15: Endometriose
Störungen der Eileiter
Die Eileiter sind für einen Transport und somit für ein Zusammentreffen von Eizelle und Spermien unerlässlich. Sie können in Folge von Infektionen (z.B. durch Chlamydien), die oft unbemerkt ablaufen, aber auch durch eine Endometriose (s.o.) einseitig oder beidseitig verklebt sein. Dann ist eine Passage der Eizelle zur Gebärmutterhöhle nicht möglich. Wenn längere Zeit ein unerfüllter Kinderwunsch besteht und sich bei allen bisher durchgeführten Untersuchungen keine Ursache finden lässt, raten wir zur Abklärung der Eileiterdurchgängigkeit. Dies kann durch eine Operation mittels Bauchspiegelung oder aber mit einer speziellen Ultraschalluntersuchung erfolgen. Bei „verklebten“ Eileitern ist eine IVF-Behandlung die Therapie der Wahl.
Fehlbildungen
Fehlbildungen der Gebärmutter können vielfältig ausfallen. Meist handelt es sich dabei um ein Septum (eine sog. Trennwand), welches die Gebärmutterhöhle unterteilt. Die Wahrscheinlichkeit einer solchen Fehlbildung liegt bei 2 – 5% und bei Frauen mit mehrfachen Fehlgeburten noch höher. Je nach Befundlage empfiehlt sich eine Abklärung durch eine Mini-Hysteroskopie.
Alter
Veränderungen in unserer modernen Gesellschaft führen dazu, dass wir immer später Eltern werden.
Eine Umfrage des Allensbach Institutes aus dem Jahre 2007 zeigt, dass 54% der Befragten glauben bis zu einem Alter von 40 Jahren natürlich, ohne medizinische Hilfe schwanger werden zu können. Allerdings nimmt die natürliche Fruchtbarkeit bereits ab dem 31. Lebensjahr ab und verschlechtert sich ab 35. rapide. Gründe dafür sind zum einen, dass die Eizellen einer Frau von Geburt angelegt sind und nicht nachgebildet werden können. Zum anderen nimmt die Qualität der einzelnen Eizellen mit dem Alter ab.
Demnach kann es sinnvoll sein, einen Fertilitäts-Check durchführen zulassen. Darüber hinaus ist es möglich, Eizellen einfrieren zu lassen, um zu einem späteren Zeitpunkt auf diese zurückgreifen zu können. Dies nennt man Social freezing.
Weitere mögliche Ursachen
Bisher nicht erwähnte Erkankungen der Hirnanhangdrüse, Untergewicht (z.B. im Rahmen einer Essstörung) oder auch Leistungssport sind ebenfalls mögliche Ursachen einer hormonellen Fehlsteuerung in deren Folge eine regelmäßige (pulsatile) Hormonausschüttung ausbleiben kann. Die Folge wären dann Follikelreifungsstörungen.
Vorzeitige Wechseljahre – prämature Ovarialinsuffizienz (POF)
Bei vorzeitigen Wechseljahren, d.h. der Eintritt der Menopause vor dem 40. Lebensjahr, wird die Funktion der Eierstöcke frühzeitig eingestellt. Die Ursachen für die sogenannte „prämature Ovarialinsuffizienz“ (POF) sind vielseitig, wobei genetische Faktoren, wie Veränderungen am FSH-Rezeptor oder das fragile X-Syndrom, eine zentrale Rolle spielen. Wenn die Eierstocksfunktion einmal erloschen ist, kann auch durch die Gabe von hochdosierten Stimulationsmedikamenten keine Eizelle gewonnen werden, da die Eierstöcke nicht mehr reagieren. Auch die moderne Reproduktionsmedizin kann bei betroffenen Frauen einen bestehenden Kinderwunsch leider häufig nicht mehr erfüllen.
Myome
Als Myome werden gutartige Muskelknoten der Gebärmutterwand bezeichnet. Sie sind mit 25-50% die häufigsten gutartigen „Tumoren“ bei Frauen. Man unterscheidet je nach Lokalisation subseröse (nach außen wachsende) von intramuralen (in der Wand befindlichen) und intracavitären Myomen, also solche die unterhalb der Schleimhaut und in die Gebärmutterhöhle hinein wachsen. Intracavitäre Myome können die Einnistung eines Embryos behindern. Die meisten Myome haben jedoch keinen Einfluss auf die Fruchtbarkeit. Myome werden in der Regel operativ entfernt. Wir empfehlen vor einem solchen Eingriff eine gemeinsame Absprache zwischen Ihrem behandelnden Gynäkologen, dem Operateur und ggf. einem Kinderwunschspezialisten. Nach der Entfernung eines Myoms, sollte dem Heilungsprozess der Gebärmutter ausreichend Zeit vor dem Eintritt einer Schwangerschaft gegeben werden. Der Beginn einer Kinderwunschbehandlung kann sich bis zu einem halben Jahr verzögern.